Vins de sable - Weine aus der Camargue!
Ende Februar bin ich in der Camargue. Ich übernachte in einem dieser nahezu fensterlosen Hotels in Saintes-Maries-de-la-Mer, die dem übermächtigen Schimmel mit Unmengen Eau de Javel zu Leibe rücken. Am Morgen weiß man nicht, ob die Atemwege voller Schlaglöcher sind, weil die Schimmelsporen eingeschlagen haben oder ob die Art ihrer Bekämpfung sie reingeätzt hat. In jedem Fall: genug Chemie für die ganze Woche! Also nichts wie raus und auf ins BIO-Weingut! Draußen scheint die Sonne, und das Meer ist um die Ecke. Hinterm Parkplatz lassen sich die Flamingos vom Mistral das Gefieder aufplustern, während sie auf der Suche nach Plankton die Mischwasser aus Rhône und Mittelmeer durch ihre Barten filtern. Um acht Uhr habe ich schon einen Termin in Le Grau-du-Roi. Jungwinzer Charles Saumade wartet auf mich vor einem Einkaufzentrum, das "Casino" heißt. Zwischen Gewerbegebiet und Vergnügungspark führt eine Straße zum Meer, die schnell zum Feldweg wird und vor einem Tor endet.
Das Salz des Weins
Hinter dem Tor, das vor irrlaufenden Touristen schützt, liegen mehrere Weingüter, Sumpflandschaften mit Mustangs und Stieren, Mischwassertümpel voller Flamingos, und am Ende des Wegs steht ein altes Gehöft, die Domaine Figueirasse, seit fünfzehn Jahren bio-zertifiziert. Die Weine wachsen im Sandstrand. Weil die Reblaus im Sand nicht vorkommt, konnten hier wurzelechte Reben überleben. "Aber wurzelechte Reben sind aus Qualitätsgründen nicht immer die richtige Entscheidung", sagt Charles Saumade, in der fünften Generation Winzer in diesem einzigartigen Terroir.
Ich sehe zu, wie drei Hektar Rosé neu eingepflanzt werden, mit Hilfe eines GPS-gesteuerten Traktors. Hier gelten andere Gesetze. Da nach anderthalb Metern unterhalb der dünnen Grasnarbe das Meer ansteht, wurzeln die Reben flach. Die Bio-Winzer pflanzen Gerste und andere Getreide zwischen den Reben, um die Bodenerosion durch den Wind zu verlangsamen und durch das Unterpflügen des Getreides den kargen Boden mit Nährstoffen anzureichern. Der Vorteil dieses Terroir: Durch den Sand ist der Boden immer trocken, und Pilzkrankheiten haben so kaum eine Chance. Und noch ein Vorteil: Das Gelände ist flach wie ein Bolzplatz; die drei Hektar sind in einem Tag gepflanzt.
Rot. Weiß. Rosé!
Auf den Sandböden, unter den salzigen Böen, die das Meer über die Rebanlagen treibt, entstehen Weine mit einem besonderen Charakter. "Frische" beschreibt ganz gut den Sachverhalt, dass hier keine Alkoholmonster entstehen. 12,5% Alkohol kommen im Durchschnitt raus. Wegen der frühen Lese (meist am 15. August - und zwar nachts), aber auch wegen des kühlenden Einfluss' des Mittelmeers. Ideale Weine - nicht nur für den Sommer und das in allen Farben. Gemeinsam ist ihnen eine salzige Note und diese Unbeschwertheit, auf die die Winzer Charles und Michel Saumade zurecht stolz sind. 98% von dem, was sie hier produzieren ist reinsortiger Rosé der Rebsorte Grenache gris. Aber es gibt auch einen weißen aus den Rebsorten Marsanne und Roussanne und einen roten aus Syrah und Cabernet Sauvignon. Und wir haben sie alle probiert!